Mein Name ist Canis Lupus

  • Warum sollten Wölfe keinen Schutzengel haben?


    Mein Name ist Lupus. Jawohl, ich bin ein Wolf. Mit dem bösen Wolf aus dem Märchen habe ich nichts zu tun. Wer das erzählt, der lügt. Kein Mensch braucht vor mir Angst zu haben. Im Gegenteil - ich bin es, der sich vor den Menschen fürchtet. Vor den meisten jedenfalls. Wenn es sich einrichten lässt, gehe ich ihnen lieber aus dem Weg. Nicht jeder Zweibeiner ist so gutmütig wie der, dem ich neulich begegnet bin. Der hielt mich wohl für einen Hund und pfiff nach mir.[Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/wolf_1.jpg]Alles was recht ist! Nur gut, dass er nicht genauer hingesehen hat, sonst hätte er seinen Irrtum vielleicht bemerkt und Krach geschlagen. Das ist das Letzte, was ich hier gebrauchen kann. Für die, die es für sich behalten können: Wir Wölfe wirken hochbeiniger als Schäferhunde, die uns entfernt ähnlich sehen. Wir haben aber kleinere, eher runde Ohren, und unseren Blick aus gelben Augen würde kein Mensch als »treu« bezeichnen. Unseren buschigen Schwanz tragen wir würdevoll wie eine Schleppe. Ringelschwänze gibt's bei uns nicht. Wer Tierspuren lesen kann, wird uns an unserem Pfotenabdruck erkennen, den wir im Schnee oder im Sand hinterlassen. Er ist länger und schmaler als der eines Hundes.


    Überhaupt Hunde! Ein Kapitel für sich. Wir mögen sie nicht besonders, diese vorlauten Kläffer. Sie riechen unheimlich. Unheimlich stark nach Mensch. Wenn es darauf ankommt, halten sie lieber zu ihm als zu uns. Sie sind weder frei noch wild, obwohl sich einige von ihnen so aufspielen. Letztlich - und das will mir nicht in den Kopf, stammt jeder lächerlicher Kläffer, ob groß oder klein, ob schlappohrig oder krummbeinig, ob gestreift oder gefleckt, vom Wolf ab. Schöne Verwandtschaft das!


    Aber eigentlich wollte ich ja meine eigene Geschichte erzählen. Also:


    Ich komme aus dem Land jenseits des großen Flusses. Meine Heimat sind die dichten, dunklen Wälder, in die sich nur selten ein Mensch verirrt. Dort im Wolfsland, wo die Bäume fast in den Himmel wachsen, bin ich in einer Höhle zur Welt gekommen. Mein ganzes Leben lang werde ich mich an den Duft meiner Mutter erinnern. Warm und weich in ihren Pelz gebettet, verbrachte ich die ersten Wochen wie fast alle Tier- und Menschenkinder. Essend und schlafend und schlafend und essend. Satt und zufrieden. Später stritten wir Geschwister - wir waren zu viert - immer öfter um die beste Milchquellen. Nachdem sie versiegt waren, kümmerte sich unser Vater darum, dass wir satt wurden. Unermüdlich war er auf den Beinen, um Nahrung heranzuschaffen. Selbst für einen Wolf ist es kein Kinderspiel, vier hungrigen Mäuler zu stopfen! Und es kann schon lästig werden, die ewig bettelnde Brut am Hals zu haben. Wolfswelpen haben nämlich einen Mordsappetit und wachsen wie der Teufel.


    Schon bald wurde uns Kleinen die Höhle zu eng. Wir entdeckten, dass die Welt bunt und schön und aufregend ist. Von Gefahren, die auch auf dumme, kleine Wölfe lauern, ahnten wir natürlich nichts. Unsere Eltern hatten ihre liebe Not mit uns. Wahrscheinlich ist es leichter einen Sack Flöhe zu hüten als vier unternehmungslustige Welpen. Wir haben sie jedenfalls ganz schön in Atem gehalten! Nach wenigen Monaten waren wir fast so groß wie sie. Schlaksige Halbstarke, noch nicht erwachsen, aber auch keine Welpen mehr. Das war die Zeit, in der wir alles lernten, was ein richtiger Wolf wissen und können muss und in unseren Eltern hatten wir die besten Lehrmeister der Welt. Sie haben uns geduldig gezeigt, wie man Mäuse fängt. Dass manche Beeren köstlich schmecken. Dass es Gräser und Kräuter gibt, die bei Magendrücken helfen. Und - ich will es nicht verschweigen, sie sind mit uns auch auf die Jagd gegangen. So oft, bis wir endlich begriffen hatten, worauf es ankommt. Anschleichen, umzingeln, hetzen und zupacken. Nicht jeder Versuch Beute zu machen war erfolgreich und nicht selten sind wir mit leerem Magen nach Hause gekommen.


    [Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/wolf_2.jpg] Jeder Mensch weiß, dass wir Wölfe uns nicht allein von Gräsern, Wurzeln und Früchten ernähren. Wir würden krank und schwach werden und langsam zugrunde gehen. Ab und zu brauchen wir ein ordentliches Stück Fleisch zwischen den Zähnen. Dass man uns deswegen als »Räuber« beschimpft, ist schon ein starkes Stück. Aber so sind sie nun mal, die Zweibeiner. Sie halten sich für etwas ganz besonderes und glauben, alles auf dieser Welt sei nur für sie da. Sie wollen nicht teilen. Das ist es!


    Bevor ich mich aufrege, will ich lieber weitererzählen.


    Unsere Kindheit, was war das für eine wilde, sorglose Zeit! Manchmal kamen Verwandte aus einem entfernten Tal vorbei. Genauer gesagt, die Sippschaft meiner Mutter mit Kindern und Kindeskindern. Auf den ersten Blick eine ziemlich verwegenes Pack. Doch an ihren Manieren war nichts auszusetzen. Sie rückten uns nicht einfach auf den Pelz, sondern machten an der Grenze unseres Reviers halt und meldeten sich an. Wenn meine Eltern das hörten, wurden sie ganz aufgeregt vor Freude. Sie ließen alles stehen und liegen und antworteten.


    Die Menschen haben dafür ein ziemlich hässlich klingendes Wort. Die Wölfe heulen, sagen sie und ängstigen sich völlig unnötig. Dabei gibt es nichts schöneres als den Gesang eines Wolfsrudels, ganz besonders in einer klaren Vollmondnacht. Und das Singen steckt an. Wer es hört, muss einfach mitsingen, ob er will oder nicht. Wenn Wölfe heulen heisst das ja nichts anderes als: Hallo, wir sind da, meldet euch, wenn ihr auch in der Gegend seid. Oder: Heute Nacht gehen wir auf die Jagd, wer sich anschließen will, ist herzlich eingeladen. Oder manchmal auch: Ich bin alleine und sehne mich nach einem Gefährten.


    Alles war, wie es sein sollte und es hätte so weitergehen können, wenn nicht eines Tages etwas Schreckliches passiert wäre. Im Morgengrauen - wir Jungen ruhten todmüde von der nächtlichen Jagd in unserer Höhle - war mir, als hörte ich Geräusche. Seltsam fremd. Auch ein merkwürdig strenger Geruch hing in der Luft, den ich nicht deuten konnte. Jetzt wäre es an der Zeit gewesen, einen Pirschgang zu unternehmen. Doch ich hatte einfach keine Lust, unsere warme Höhle zu verlassen, machte mir nicht groß Gedanken und schlief wieder ein. Ich hielt es noch nicht einmal für nötig meine Geschwister zu alarmieren. Ein unverzeihlicher Fehler, den meinen Eltern - wären sie nur da gewesen - niemals gemacht hätten. Als ich aufschreckte, war es zur Flucht schon zu spät. Ich hörte noch ein Krachen und Poltern, dann einen ohrenbetäubenden Knall. Dann stürzte die Höhle ein. Vier junge Wölfe wurden unter Erdbrocken und Steinen begraben. Aus. Vorbei. Totenstille.


    [Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/wolf_4.jpg]Als ich wieder zu mir kam, war mir, als müsste ich ersticken. In wilder Hast fing ich an zu scharren, blindlings Erde und Steine wegzuschaufeln. Ich wollte raus, nur raus! Nicht lebendig begraben sein. Nicht jetzt schon sterben müssen. Nie wieder den blauen Himmel sehen... Plötzlich sah ich ihn. Ein winziges Stück Blau wurde mein Wegweiser in die Freiheit. Ich arbeitet wie ein Besessener und nahm die Zähne zu Hilfe, um den Erdspalt zu erweitern. Endlich konnte ich mich hindurchzwängen. Geblendet vom hellen Tageslicht, rannte ich blindlings los. Ich rannte um mein Leben. Fort von den kreischenden Maschinen und brüllenden Menschen. Ich war dermaßen damit beschäftigt, meine eigene Haut zu retten, dass ich an meine Geschwister gar nicht dachte. Heute, wo ich älter und weiser bin, schäme ich mich dafür. Ich habe keine Ahnung, was aus ihnen geworden ist.


    An jenem Unglückstag lief und lief ich ohne Pause bis es Abend wurde. Meine Pfoten wurden wund und ich keuchte vor Erschöpfung. Erst als ich plötzlich vor einem breiten, träge fließenden Wasser stand, hielt ich an. So viel Wasser hatte ich noch nie gesehen. Vorsichtig trank ich ein paar Schlucke, dann kühlte ich meine heißen, schmerzenden Pfoten und dann - oh, es war wunderbar, legte ich mich in eine flache Mulde und ließ mir von den plätschernden Wellen den Schmutz aus dem Pelz spülen. Langsam fühlte ich mich besser. Der Nebel in meinem Gehirn löste sich auf. Obwohl ich damals noch ein junger Spund war, unerfahren und gutgläubig, ahnte ich doch, was mir und den meinen zugestoßen war.


    Meine Mutter hat uns oft erzählt, dass sich Menschen fürchten, wenn sie durch einen Wald gehen müssen. Je größer, dichter und dunkler er ist, um so mehr fürchten sie sich. (An dieser Stelle lachten wir Kleinen uns halbtot). Deswegen setzen sie sich am liebsten in diese fahrenden Käfige, die sie Autos nennen. Und weil Autos nur auf glatten, breiten Pfaden rollen, die Straßen heißen, müssen Menschen immerzu Straßen bauen. Besonders gern durch Wälder. Dafür fällen sie dann alle Bäume, die im Wege steht. Millionen und Abermillionen Bäume sind so ums Leben gekommen. Einer davon muss genau auf unsere Höhle gestürzt sein!


    Am Abend jenes Unglückstages war ich das erste Mal in meinem Leben alleine und tieftraurig. Ich hatte alles verloren, was mir vertraut war: meine Eltern und Geschwister, meine Höhle, meine Lichtung, meinen Wald, meine Welt - meine Heimat. Und obwohl ich hungrig war wie nur ein Wolf sein kann, kroch ich ins nächsten Gebüsch, rollte mich zusammen und schlief ein. Mitten in der Nacht wurde ich plötzlich wach. Hellwach! Meine innere Stimme sagte mir: Du musst weiter, über das große Wasser und noch viel weiter, bis du in eine Gegend kommst, in der deine Sippe einst zu Hause war. Sie ist schön und fast menschenleer und niemand wird dort den Wald vernichten, dich verjagen oder dir nach dem Leben trachten. Die Zeiten haben sich geändert. Auch für dich. Das wird mir kein Zweibeiner glauben, aber es war so. Genau so! Von dem Moment an wurde ich von einer großen Unruhe gepackte. Ich wollte keine Zeit verlieren, denn ich sah meinen Weg so deutlich vor mir, als wäre ich ihn schon einmal gegangen. Dass ich am Ausgangspunkt einer langen, gefahrvollen Wanderung stand, war mir damals gar nicht bewusst. Wie im Traum hatte ich nämlich jenen uralten, fast vergessenen Wolfswechsel gefunden, auf dem meine Ahnen jahrhundertelang nach Westen gezogen sind.


    Zuerst musste ich auf die andere Seite des große Wasser gelangen. Ein bisschen Angst hatte ich schon, aber an einer seichten Stelle ging es einfacher als gedacht. Nachdem das geschafft war, lief ich weiter und weiter, immer der Nase nach, immer westwärts. Ich überquerte Straßen, wich Autos aus und schlich um Menschenhäuser. Meinen Hunger spürte ich kaum noch. Erst als mir ein merkwürdiger großer Vogel über den Weg lief, der einfach nicht wegfliegen wollte, packte ich zu. Eine so leichte Beute war mir noch nie begegnet. Heute weiß ich natürlich, dass diese dummen Vögel den Menschen gehören, Sie lassen sie in der Gegend herumlaufen und machen ein Riesengeschrei, wenn einer fehlt. Der Fuchs, der Fuchs, jammern sie dann und rufen nach dem Jäger. Das ist auch wieder ein Kapitel für sich. Davon später.


    [Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/wolf_7.jpg] Ich hatte also mein erstes Huhn erbeutet und weil das so mühelos ging, ist es mir während meiner Wanderung zur Gewohnheit geworden. Hühner geben zwar nicht viel her und ihre Federn sind ungeheuer lästig, sie sind jedoch besser als nichts. Wenn man hungrig und in Eile ist, darf man nicht heikel sein, das weiß doch jedes Kind. Einmal - es war in der Nähe einer großen Stadt - hörte ich Krähen schreien. Ich kannte das. Krähen machen ein unglaubliches Theater, wenn sie etwas Nahrhaftes entdeckt haben. Und manchmal lohnt es sich sich, das schwarze Gesindel von seiner Beute zu vertreiben. Neugierig geworden, folgte ich ihnen. Was sich jedoch dann vor meinen Augen abspielte, war unerhört. Hunderte, ja tausende dieser schwarzen, kreischenden Aasvögel ließen sich auf einem riesigen, stinkenden Berg nieder und wühlten im Dreck. Jawohl, Dreck! Dreck, der nach Menschen stank. Dreck, der zum Himmel stank. Zwischen den Krähen mit leuchtenden Augen meine Vettern, die Füchse. Auch sie verschlangen gierig, was noch genießbar war. Auch ein paar Hunde waren da. Dürre Gestalten, die sich mit Krähen und Füchsen um die besten Brocken zankten. Widerlich! Entwürdigend! Nein, dann halte ich mich doch lieber an Mäuse und Regenwürmer. Ich war überzeugt, kein Wolf, und wäre er noch so hungrig, würde sich einen solchen Aasfraß einverleiben. Ich sollte mich täuschen. Nicht das erste Mal in meinem Leben.


    Unbemerkt wie ich gekommen war, machte ich mich wieder davon. Ich brauchte die ganze Nacht, um die große Stadt zu umrunden. Mein vorgezeichneter Weg, den ich wie eine Landkarte im Kopf hatte, führte zwar mitten durch, aber das Wagnis war mir zu groß. Also schlich ich durch Gärten, über Felder und Wiesen, zwängte mich durch Zäune, watete durch Gräben, immer begleitet vom wütenden Gebell der Hunde. Gefangene an Ketten. Eingesperrte in Käfigen. Arme Irre, die für einen vollen Magen ihre Freiheit verkauft haben. Was beklagen sie sich, sie haben es nicht anders verdient. So dachte ich damals. Ich wusste noch nicht, dass auch sie unter den Zweibeinern zu leiden haben und dass manche von ihnen ärmer als Schweine sind.


    Der Morgen graute, die Stadt lag endlich hinter mir, da blieb ich, kaum hatte ich mich in Trab gesetzt, wie angewurzelt stehen. Hatte ich mit offenen Augen geträumt? War auch ich verrückt geworden? Nein, da waren sie wieder, die Stimmen meiner Artgenossen. Wölfe! In dieser gottverdammten Gegend sangen Wölfe! Kein Zweifel, sie sangen das alte Lied, das ich so oft gehört hatte. Und sie sangen es hinreißend schön. Strophe für Strophe. Alle Vorsicht vergessend, holte ich tief Luft und antwortete. Ich schämte mich ein bisschen, weil meine Stimme so rauh und ungeübt klang. Ich hatte ja seit ich unterwegs war keinen Laut von mir gegeben. Trotzdem wurde ich verstanden. Eine schöne helle Stimme schickte mir eine Einladung: Komm her, Fremdling, beeil dich, wir warten. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Endlich! Wie lange hatte ich die Gesellschaft von Artgenossen entbehren müssen. Freudig erregt setzte ich mich wieder in Trab.


    Ich will es kurz machen: Es wurde eine Riesenenttäuschung. Ich fand meine Artgenossen ohne Schwierigkeiten. Es war keine Kunst, denn sie waren eingesperrt. Gefangen, hinter Gittern - wie die Hunde. Um sie herum lärmten eine Menge anderer Tiere. Tiere, die ich noch nie gesehen hatte. Auch sie waren mit Gittern, Zäunen und Mauern umgeben.


    Die Wölfe waren zu viert. Als sich mich entdeckten, rannten sie in ihrem Gefängnis hin und her. Immer zehn Schritte hin und wieder zurück, hin und zurück. Wie von Sinnen. Dabei flackerte der Irrsinn in ihren Augen. Mein Gott, es war unerträglich! In rasender Wut schlug ich meine Zähne in das Gitter, riss und rüttelte, bis mir die Kiefer schmerzten. Alles umsonst. Es hielt stand. Während ich tobte und wütete, knurrte und winselte, waren meine Artgenossen nicht zur Ruhe gekommen. Sie beruhigten sich erst, als ich zähneknirschend aufgab, meinen Kopf gegen die Gitterstäbe presste und erschöpft die Augen schloss. Dann aber geschah ein kleines Wunder. Eine Wölfin löste sich aus der Gruppe und wagte es, mich zu begrüßen. Sie steckte ihre Nase durch das Gitter und berührte mich sanft. Sie witterte in mein Fell und stupste in meine Mundwinkel. Sie leckte mir über die Schnauze und gab ganz leise, zarte Töne von sich. Ich konnte gar nicht anders, ich musste die Augen öffnen. Vor mir stand die hübscheste Wölfin, die ich je gesehen hatte. Klein und zierlich, mit einem Pelz, der fast so schwarz war wie die Nacht. Und ihre Augen! Ganz hell, heller als Bernstein. Wenn sie nur nicht dieses irre Flackern gehabt hätten...


    Nachdem wir uns - soweit das unter diesen unwürdigen Umständen möglich war - nach Wolfssitte begrüsst hatten, begann die junge Wölfin zu erzählen. Natürlich nicht in der Menschensprache. Wir Wölfe haben eine eigene, ziemlich komplizierte Sprache, mit der wir alles ausdrücken können, was uns bewegt. Ich erfuhr Unglaubliches. Die kleine, sanfte Wölfin, die nie ihr Gefängnis verlassen hatte, die hinter Gittern zur Welt gekommen war, erteilte mir eine Lektion, an der ich mein Leben lang kauen werde. Eine Lektion über die Gemeinheit und Grausamkeit der Menschen.


    Ich hatte ja keine Ahnung, dass meine Artgenossen auf der ganzen Welt verfolgt werden. Dass sie erschossen und vergiftet werden. Dass man sie in Fallen zu Tode quält, nur um ihnen den Pelz über die Ohren zu ziehen. Dass man sie aus ihrer Heimat vertreibt. Dass man sie in Gefängnisse steckt, die »Tiergärten« genannt werden, damit sie von Menschenkindern bestaunt und begafft werden können. Erst dachte ich, sie lügt, die kleine Wölfin. Woher will sie das wissen, wenn sie nie ein richtiges wildes Leben geführt hatte. Ich war überzeugt, sie übertreibt, um sich interessant zu machen oder mir einen Schrecken einzujagen. Doch so war es nicht. Leider! Ihre Erklärung war einfach und glaubwürdig:


    [Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/wolf_6.jpg]Sie hatte diese schrecklichen Geschichten von ihrer Mutter gehört. Die nämlich war frei geboren und lebte bis zu ihrer Gefangennahme in einem fernen, weiten Land. Sie war ein Wildfang, eine unbezähmbare Menschenhasserin. Sie ließ keinen Zweibeiner an sich heran und zeigte jedem, der sich ihr näherte, die Zähne. Kein Zoo - ja, es gibt viele Namen für diese Gefängnisse - wollte sie haben. Noch nicht einmal geschenkt. Schließlich ist sie hier gelandet als Gefährtin eines alten, halbblinden Wolfsrüden. Sie vertrug sich gut mit ihm. Sie stammte aus seiner Sippe, sprach seine Sprache und teilte sein Schicksal. So etwas verbindet und tröstet. Was ich nicht für möglich gehalten hätte: Sie hat in diesem Loch sogar Junge zur Welt gebracht! Danach wurde sie ruhiger und umgänglicher. Eine ganze Zeit lang war sie damit beschäftigt ihre Kinder großzuziehen. Doch plötzlich - es war mitten in einem schneereichen Winter - muss ihr unbändiger Freiheitsdrang wieder erwacht sein. Eines Nachts gelang es ihr mit einem Riesensatz das Gitter ihres Gefängnisses zu überspringen und zu entkommen. Natürlich haben die Zweibeiner ein Riesentheater gemacht. Eine ganze Armee war auf den Beinen um sie zu jagen. Man wollte sie wieder haben - tot oder lebendig. Umsonst, niemand hat sie je wiedergesehen.


    Kurz nach dem Verschwinden seiner Gefährtin starb der alte Wolfsrüde. Nein, es war nicht Altersschwäche. Er starb an der Einsamkeit des Herzens. Eine Todesursache, die bei eingesperrten Tieren gar nicht so selten ist. Die Menschen haben ja keine Ahnung.


    Auf meine Frage, warum sie nicht auch geflohen sei, schüttelte die kleine Wölfin nur ihren schönen Kopf. Nach der Flucht ihrer Mutter wurden die Gefängnisgitter verstärkt und erhöht. Kein Wolf - und wäre er noch so geschickt - kann sie seitdem überwinden. Was aber viel schwerer wiegt, Wölfe, die in Gefangenschaft geboren und aufgewachsen sind, taugen nicht mehr für die Freiheit. Das jedenfalls behauptete die kleine Schwarze, bevor sie wieder zu ihren Geschwistern zurücktrabte. Schweren Herzens machte ich mich wieder auf den Weg. Und obwohl ich spürte, dass vier gelbe Augenpaare mir Löcher in den Pelz brannten, hielt ich stand. Ich ging ohne Abschied und ohne mich noch einmal umzudrehen. Der Blick zurück - er hätte mir das Herz gebrochen.


    Die Begegnung mit meinen gefangenen Artgenossen hatte mich verändert. Meine Unbekümmertheit war dahin. Misstrauisch und ängstlich setzte ich meine Wanderung fort. Nur im Schutz der Dunkelheit wagte ich mich in die Nähe menschlicher Behausungen. Die Tage verbrachte ich dösend, doch immer fluchtbereit, in notdürftigen Verstecken. Einmal sogar in einem verfallenen Menschenhaus. Nicht selten hörte ich Menschenstimmen und sah von Hunden bewachte Schafherden vorüberziehen. So quälend langsam, dass ich ihnen am liebsten Beine gemacht hätte. Zum Glück hatte ich von den Hütehunden nichts zu befürchten. Sie entfernen sich nicht von den Schafen und verrichten gewissenhaft die Arbeit, die ihnen zugewiesen wurde. Manch einer, der meine Spur kreuzte und meine Witterung in die Nase bekam, hob den Kopf, prüfte den Wind und entblößte knurrend die Zähne. Er wäre mir liebend gern auf den Pelz gerückt, aber sein Pflichtgefühl hielt ihn davon ab. Die Schäfer haben nie gemerkt, dass ich ganz in ihrer Nähe war. Wie sollten sie auch? Ihre Augen sind schlecht, ihre Nase stumpf und ihre Ohren taub.


    Wahrscheinlich wissen sie gar nicht mehr was das ist: ein freier Wolf. Wir kommen ihnen erst wieder in den Sinn, wenn sie ein Schaf vermissen. Doch an Schafen, das schwöre ich, habe ich mich nie vergriffen! Obwohl es keine Kunst gewesen wäre. Besonders nachts, wenn sie eng gedrängt auf der Weide stehen, die angebundenen Hütehunde sich die Seele aus dem Leib bellen, während die Zweibeiner in ihren Häusern ruhig schlafen. Es soll Kläffer-Banden geben, die im Schutz der Dunkelheit durch die Lande ziehen und sich einen Spaß daraus machen, Terror, Mord und Totschlag zu verbreiten. Abartig! Damit will ich nichts zu tun haben.


    V[Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/wolf_8.jpg]om platten Land hatte ich die Nase gestrichen voll, und ich war heilfroh, als ich endlich eine bewaldete Gegend erreichte. Ausgedehnte Wälder mit Gestrüpp und Gesträuch und kleinen Lichtungen, das ist es, was mir zusagt. Hier kann ich mich verbergen, ruhen, schlafen, meine Nahrung suchen und nach Lust und Laune umherstreifen. Kurz, all das tun, was ein Wolfsleben lenbenswert macht. Bisher hatte ich mit Mühe und viel Glück überlebt, jetzt wollte ich leben. Nicht leben wie ein Hund. Leben wie ein Wolf!


    Meine Laune besserte sich. Ich hätte aus vollem Halse singen können. Aber so unvorsichtig war ich natürlich nicht. Es ist nicht gut, wenn ein einsamer Wolf aller Welt verrät, wo er steckt. Also verhielt ich mich ruhig und verbarg mich, bis der volle Mond den Wald zum Leben erweckte. Und was für ein Leben! Unglaublich, was da plötzlich alles auf den Beinen war: Mäuse, Igel, Marder, Füchse, ein Dachs, Rehe, eine ganze Wildschweinfamilie und sogar Hirsche. Hirsche! Den letzten bin ich in meiner Heimat begegnet. Welch sonderbarer Wald, grübelte ich, wo so viele Tierarten offenbar in Frieden leben und auch noch satt werden. Erst als das Getrippel und Getrappel nachließ, wagte ich mich aus meinem Versteck. Vorsichtig und jedes Geräusch vermeidend, folgte ich den großen Huftieren. Nein, nein, ich hatte nicht vor sie zu jagen. So vermessen war ich nicht. Alleine bestand nicht die geringste Chance, das wusste ich nur zu genau. Ich bin einfach von Natur aus neugierig.


    Mit tiefer Nase sog ich ihre Witterung ein und hatte plötzlich einen ganz anderen Geruch in der Nase: Mensch! Groß, stark, männlich! Welch eine Enttäuschung. Es scheint kein Fleckchen Erde mehr zu geben, wo er nicht seine Spuren hinterlassen hat. Während ich noch rätselte, was ein Zweibeiner in dieser Wildnis zu suchen hat, umwehte mich ein anderer, äußerst reizvoller Duft. Fleisch! Nicht mehr ganz frisch, daher besonders begehrenswert.


    Hunger, Hunger, Hunger! Es meldete sich wieder, dieses quälende Gefühl, das alles aus dem Kopf fegt, bis er so leer ist wie der Magen. Meine Gier war grenzenlos. Ich konnte gar nicht anders, ich musste dem Geruch folgen. Ein kurzer Trab, dann gingen mir die Augen über. Da erhob sich am Rande einer Lichtung ein Fleischberg, so mächtig, dass ein ganzes Rudel Wölfe davon satt geworden wäre. Ich nahm gerade noch wahr, dass schon Füchse und Wildschweine ihre Spuren hinterlassen hatten, dann bediente ich mich. Ich aß ohne Manieren, ja, ich fraß! Ich riss, ich schabte, ich kaute, ich schluckte, ich schlang. Wie gut das tat! Herrlich!


    Plötzlich, mitten im schönsten Schlingen und Malmen, traf mich der Blitz. Nein, es war eine gewaltige Explosion. Sie riss mich von den Beinen, pustete mir das Gehirn aus dem Kopf und hinterließ nichts als roten, brennenden Schmerz. Sie machte mich taub und blind und zog mich hinunter in ein tiefes schwarzes Loch. Ich fiel und fiel, doch der erwartete Aufprall kam nicht. Stattdessen spürte ich, wie mir irgendetwas in die Flanke gestoßen wurde. Einmal, zweimal, dreimal. Der stechende Schmerz brachte mich wieder zurück in diese Welt. Mein Gehirn schrie sofort Alarm: Achtung, Mensch! Groß, stark und übelriechend. Rühr dich nicht, halt aus! Er meint, du bist erledigt. Und tätsächlich. Ein grässlich schwitzende Kerl beugte sich über mich, atmete pfeifend aus und hängte sich das Ding, mit dem er mich traktiert hatte, über die Schulter. Dann wandte er sich um und ging weg.


    [Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/wolf_5.jpg]Das war meine Chance. Ich nahm alle Kraft zusammen und rappelte mich auf. Meine linke Hinterhand war nicht mehr zu gebrauchen, die Schmerzen brachten mich fast um den Verstand, trotzdem gelang es mir, mich unbemerkt davonzustehlen. Auf drei Beinen! Dass ich eine Blutspur hinter mir her zog, war mir gar nicht bewusst. Ich hatte meine Haut gerettet, nur das zählte. Mit letzter Kraft hinkte ich weiter und weiter und geriet immer tiefer in den Wald hinein. Dort, wo ein umgestürzter Baum ein Loch in den Boden gerissen hatte, fand ich einen Unterschlupf. Ganz vorsichtig ließ ich mich ins Farnkraut sinken. Da bemerkte ich das Blut. Es tropfte stetig aus einer tiefen Wunde und versickerte im Waldboden. Ich hatte das Gefühl, als liefe mein ganzes Leben aus mir heraus. Frei von Schmerz und leicht wie eine Feder beobachtete ich staunend wie ich immer weniger wurde.


    Nicht auszudenken, wenn mich der stinkende Zweibeiner in diesem Zustand gefunden hätte! Er hätte mir noch eine Kugel in den Pelz gejagt, um mich von einem Leiden zu erlösen, das er mir selbst zugefügt hat. (Dass aus dem Ding, das er bei sich trug, der Tod kam, ahnte ich damals schon). Möglicherweise hätte er mich an Ort und Stelle verscharrt und niemand hätte je etwas von mir erfahren. Vielleicht hätter er mich auch ins nächste Dorf geschleift und allen, die es hören wollen, das Märchen vom bösen Wolf erzählt.


    Dass es nicht so weit kam, verdanke ich einem Schutzengel. Warum sollen Wölfe keinen Schutzengel haben? Meiner kam in Gestalt einer Wölfin. Bei einem Streifzug durch ihr Revier, in dem ich Schutz gesucht hatte, war sie auf meine Spur - die Blutspur - gestoßen. Im Morgengrauen fand sie mich. Ich lag mehr tot als lebendig auf meinem Farnlager. Wie sie es fertigbrachte, dass ich nach drei Tagen wieder zu mir kam, bleibt ihr Geheimnis. Ich glaubte an Fieberträume, als ich das dunkle Gesicht mit den hellen Augen erblickte. Und ich brauchte eine ganze Weile bis ich begriff, wem ich meine Rettung zu verdanken hatte. Die Ähnlichkeit war verblüffend. Der dunkle Pelz, die bersteinfarbenen Augen, die schlanke Gestalt. Und dennoch war sie es nicht, die kleine Zoo-Wölfin. Es war ihre freiheitsliebende Mutter! Die Ausbrecherin. Eine mit allen Wassern gewaschene Einsiedlerin, deren geheimes Leben durch mein Unglück einen unverhoffte glückliche Wendung nehmen sollte.


    Ich will nicht vorgreifen. Zunächst war ich überhaupt nicht erfreut, dass sie mich zwang, mein Krankenlager zu verlassen. Doch sie hatte sich in den Kopf gesetzt, mich schnellstens in ihre eigene Höhle zu bringen. In diesem Punkt war sie unerbittlich. So knuffte, schob und traktierte sie mich so lange, bis ich tatsächlich wieder auf die Beine kam. Auf drei wohlgemerkt. Die verletzte Hinterhand schonte ich so gut es ging. Was für ein Mühe! Die Strecke, für einen gesunden Wolf ein Katzensprung, zog sich elend in die Länge. Schließlich erreichten ich völlig erschöpft den Unterschlupf meiner Retterin. Ich hätte ihn gar nicht bemerkt, so gut versteckt war er. Hinter dem Gewirr von Ästen und Zweigen, die den Einschlupf tarnten, hätte kein Mensch eine so geräumige Höhle vermutet, geschweige denn die Wohnung einer Wölfin.


    Kaum hatte ich es mir ächzend und stöhnend bequem gemacht, da schoss die Schwarze mit einem wütenden Aufschrei wieder ins Freie. Gleich darauf erklang ein erbärmliches Jaulen, so erbärmlich, dass es nur von einem Ringelschwanz stammen konnte. Ein Schnüffler! Er war mir auf der Spur! Und wo sich Schnüffler herumtreiben, sind ihre zweibeinigen Führer auch nicht weit. Das war also der Grund für ihre Ungeduld. Sie kannte das Leben. Sie wusste aus Erfahrung, wovor man sich in acht nehmen muss, wenn man auf der Flucht ist. Sie ahnte, dass der Kerl, dem ich entwischt war, nach mir suchen würde. Kein Zweifel, ohne ihre Hilfe wäre ich verloren gewesen.


    Als die Schwarze wieder am Höhleneingang erschien und verächtlich ein Büschel heller Hundehaare ausspuckte, fürchtete ich schon, sie sei einen Schritt zu weit gegangen. Sie schüttelte sich vor Abscheu. Nein, sie hatte den Kläffer nicht kalt gemacht - nur einen Denkzettel verpasst. Er würde nicht noch einmal wagen, in ihrem Revier herumzuschnüffeln, dieser Helfeshelfer seines niederträchtigen Herren. Wie sie so da stand, bebend vor Zorn, mit gesträubten Nackenhaaren und feuersprühenden Augen - ein Bild von einer Wölfin...


    Nach diesem Zwischenfall kehrte Ruhe ein. Sie tat mir gut. Ich konnte mich erholen und wieder zu Kräften kommen. Meine Verletzung heilte aus. Dass ich auf der Hinterhand etwas lahme, muss ich wohl in Kauf nehmen. Eine kleine Behinderung, nichts weiter. Es hätte schlimmer kommen können. Viel schlimmer.


    Die schwarze Wölfin ... ach was, ich will kein Geheimnis daraus machen. Jeder, der mich kennt, kann es sich denken. Die schöne Schwarze ist natürlich meine Gefährtin geworden. Sie trägt bereits schwer an unserem Nachwuchs. In ein paar Tagen ist es soweit Dann werden nach langer Zeit hier wieder Wölfe geboren. In Freiheit geboren!


    Damit unser kleines Rudel in Frieden leben kann, eine Bitte an unsere Freunde: Nehmt uns in Schutz vor unseren Feinden. Ihr Hass auf Wölfe ist unausrottbar. Achtet besonders auf jene, die sich ein Vergnügen daraus machen, Tiere zu jagen. Obwohl sie kein Recht haben, uns Wölfen auch nur ein Haar zu krümmen, traue ich ihnen nicht über den Weg. Und sollte euch eines Tages ein hinkender Wolf begegnen, lasst euch nichts anmerken.
    Wir kennen uns nicht! Wir haben uns nie gesehen.

  • Von Wölfen und Menschen


    Wie eine bekannte Geschichte begann. Der alte Wolf und sein Hunger nach Liebe. Oder war es nur der Hunger...?


    Er war schon ziemlich alt geworden, und das Laufen fiel ihm sichtlich schwer. Schon lange wusste er, dass seine Zeit beim Rudel zu Ende ging, und seit über einer Woche beteiligte er sich nicht mehr an den Hetzjagden. Wenn die Beute verteilt wurde, bekam er als Letzter seinen Anteil. Das heißt, er musste fressen, was die Anderen übrig ließen. Immer häufiger passierte es, dass für ihn nichts mehr liegen blieb. Weil er nicht mehr satt wurde und ständig Hunger hatte, wurde er noch schwächer. Gestern hatte er das Lager erst tief in der Nacht erreicht und die jungen Wölfe knurrten gefährlich, als er sich der Gruppe näherte. Er wurde ihnen schon langsam fremd. Heute hatte er das Rudel schon am Vormittag aus den Augen verloren. Das Letzte, was er von ihnen sah, war sein ältester Sohn, der die Nachhut sicherte und sich manchmal nach ihm umsah. Aber das war auch schon einige Stunden her, und sein Gang wurde noch schleppender und langsamer. Er musste immer öfter Pausen einlegen, um sich auszuruhen, und so verlor er den Anschluß an seine Artgenossen. Jetzt war er ganz allein, und er wusste, so würde es auch bleiben.


    Mit eingeknickten Hinterläufen schleppte er sich ins Unterholz und versuchte zu schlafen. Aber der Hunger, der in ihm wühlte, ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Er sah auf einmal Bilder, lebhafte farbige Bilder, die nur in seinem Kopf waren. Ganz klar sah er sich selbst als wolligen Welpen mit seinen Geschwistern auf der Mutter herumtollen, dann wieder, wie er als junger Mann mit den erwachsenen Wölfen ein verletzes Reh einkreiste. Plötzlich wechselte die Szene: Er lag inmitten des Rudels auf einer sonnendurchfluteten Waldlichtung, blinzelte schläfrig und zufrieden in die Sonne und sah seinen eigenen Kindern beim Balgen und Toben zu.


    Auch jetzt lag er da, aber er war alt, hungrig und allein. Aber da geschah etwas Seltsames: Wie die Bilder so an ihm vorbeizogen, wurde er gefasst und immer ruhiger. Und noch etwas kam ihm in den Sinn: Bilder von Dörfern mit vielen Häusern und Menschen. Kinder lärmten, Hühner und Gänse liefen umher und zwischen den Häusern waren große Abfallhaufen mit essbaren Sachen. Aber vor allem die Menschen hatten es ihm angetan. Als er noch beim Rudel war, hatte er sie oft beobachtet. Er erinnerte sich auf einmal ganz deutlich daran, wie sie morgens auf die Felder zur Arbeit gingen, fröhlich und lachend und wie sie abends müde und hungrig beim Essen zusammensaßen. Sein Entschluss stand auf einmal ganz klar vor ihm: Zu den Menschen wollte er. Dort gab es Geborgenheit und genug zu essen. Er brauchte ja nicht mehr viel, und das Wenige würde man ihm schon geben. Der Gedanke war so einfach, dass er sich wunderte, weshalb er nicht schon viel früher auf die Idee gekommen war, zu den Menschen zu gehen, denn immer schon hatten sie ihn seltsam angezogen. Früher, wenn ihm im Wald manchmal ein Mensch begegnete, blieb er immer ein wenig länger stehen als die anderen Wölfe und sah ihnen heimlich zu. Einmal war er mutig gewesen und hatte einen Waldarbeiter sogar eine Weile ganz aus der Nähe beobachtet.


    Jetzt, da er sich einmal entschlossen hatte, fühlte er sich auch kräftig genug aufzustehen. Er ging langsam und mit sicheren Schritten auf einen Waldweg zu, von dem er wusste, dass er zu einem kleinen Dorf führte.


    Gegen Abend kam er in die Nähe der Häuser. Schon von weitem roch er die Herdfeuer und spürte den Duft der Speisen, die für das Abendbrot bereitet wurden. Der Hunger trieb ihn an, und er lief ein wenig schneller. Plötzlich sah er die niedrigen Häuser und die erleuchteten Fenster gerade vor sich. Er erschrak, als er auf einmal einen großen Hund bellen hörte. Aber dann nahm er allen Mut zusammen und ging weiter, denn er wollte ja zu den Menschen, da durfte er sich von Hunden nicht abschrecken lassen.


    Geradewegs ging er auf das Dorf zu und stand bald mitten auf der Hauptstraße, sah links und rechts von sich die Häuser. So nah wie jetzt war er noch nie bei den Menschen gewesen. Er spürte auf einmal, wie ganz langsam wieder die alte Angst in ihm hochstieg und blieb unsicher stehen. Es roch wundervoll und die Lichter in den Fenstern verbreiteten eine Wärme in seinem Inneren, wie er sie noch nie zuvor empfunden hatte. Aber gleichzeitig fühlte er sich unsagbar fremd. Vorsichtig setzte er eine Pfote vor die andere und ging tastend einige Schritte weiter.


    Da bellte der Hund, den er schon einmal gehört hatte, diesmal beängstigend nah und böse rollend. Andere stimmten sofort ein und das ganze Dorf hallte wider vom Gekläff der Kettenhunde. Eine Tür sprang krachen auf und ein gelber Lichtschein erhellt schwach die Straße.


    „Ein Wolf! Ein Wolf ist im Dorf!“ schrie der Mann „Kommt heraus Leute, schlagt ihn tot!“


    Er erstarrt vor Schreck. So hatte er die Menschen noch nie erlebt. Was hatte er getan? Immer mehr Türen wurden aufgestoßen und das Geschrei der Männer und das Gebell der Hunde hallte schrill in seinem Kopf. Panik ergriff ihn. So schnell er konnte, drehte er sich um und lief die Straße zurück. Wieder in den Wald wollte er, bevor sie ihm den Weg abschneiden konnten. Nur im Wald war er sicher; das wusste er. Nachts verlassen sie selten ihr Dorf und den Wald würden sie bei Dunkelheit niemals betreten.


    Keuchend und mit letzter Kraft erreichte er die ersten Bäume und kroch in ein dichtes Gebüsch. Seine Lungen schmerzten und die Flanken zitterten vor Anstrengung. Als er die schreienden Männer mit ihren Fackeln auf den Wald zukommen sah, kroch er auf dem Bauch tiefer in das dornige Unterholz. Dann blieb er liegen. Ohnmächtig vor Schwäche und Müdigkeit verlor er die Besinnung und schlief in der Dornenhecke ein.


    Am nächsten Morgen, als die Sonne schon hoch am Himmel stand, erwachte er aus seinem tiefen Schlaf. Langsam wurden die Bilder der letzten Nacht in ihm lebendig und ihm wurde bewusst, was ihm widerfahren war. Er konnte nicht verstehen, weshalb die Menschen sich so sehr aufgeregt hatten. Und wie er so da lag und darüber nachdachte, was er denn jetzt tun solle, fiel sein Blick auf ein Mädchen.


    Sie war jung und schlank, hatte einen Korb im Arm und trug ein rotes Käppchen auf ihrem blonden Haar. Mit leichten Schritten betrat sie den Wald und als sie an seiner Dornenhecke vorbei kam, wandte sie ihr Köpfchen zur Seite und ihr Blick traf geradewegs seine Augen.


    Aber hier beginnt eine ganz andere Geschichte...

  • Die Geschichte des Wolfs



    Die Geschichte des Wolfs begann vor mehr als 50 Millionen Jahren in einer primitiven, wieselartigen Form eines Fleischfressers namens Miacid! Die Größe dieser Tiere variierte zwischen der Größe einer Ratte und der eines Hundes.



    [Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/direwolf.jpg]Wenn man die Spur ihrer Entwicklungsursprünge weiterverfolgt, gelangt man zu einem insektenfressenden Säugetier. Die Geschöpfe, die sich aus Miacid entwickelten, trennten sich vor 20 Millionen Jahren einerseits in katzenähnliche Wesen und andererseits in Canines auf. Mehrere wolfsähnliche Canines entstanden vor mehr als 2 Millionen Jahren. Sie waren mehr oder weniger Zeitgenossen der frühesten bekannten Vorfahren der Menschheit. Eine der früheren Wolf-Sorten war der "schreckliche" Wolf (Canis dirus), auch Direwolf (Bild links oben) genannt. Der "schreckliche" Wolf war größer als der graue Wolf (Canis lupus), der vor ungefähr einer Million Jahren erschien.



    Die zwei Sorten koexistierten, bis der "schreckliche" Wolf mit dem Verschwinden seiner Beute vor ungefähr 10.000 Jahren ebenfalls verschwand. Graue Wölfe, anscheinend in Eurasien entstanden, kamen vor rund 750.000 Jahren in Nordamerika an. Schließlich durchwanderte diese Sorte den größten Teil der nördlichen Hemisphäre, die größte natürliche Wanderung eines Säugetiers außer dem des Menschen.



    [Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/steinzeit.jpg]Historisch war das einzige nichtmenschliche Säugetier mit einer umfassenderen Verbreitung der Löwe, welcher bis 10.000 Jahre vorher die gleichen Gebiete wie der Wolf, z.B. Afrika und das nördliche Südamerika, durchstreifte. Die große Verbreitung des Wolfs, von erhitzten Wüsten in Arabien zu arktischen Einöden im entfernten Grönland, macht ihn zu einem der anpassungsfähigsten Säugetiere.



    Schätzungen von historischen Wolfzählungen sind äußerst unterschiedlich. Vor ungefähr 5.000 Jahren können sich sogar 2 Millionen Wölfe über die verschiedenen Gebiete unserer Welt erstreckt haben. Zu diesen Gebieten zählt das jetzige südlich-zentrale Mexiko, die arabische Halbinsel und die Gangetic Ebene Indiens bis zu den eingefrorenen Einöden Sibiriens, Alaskas, der Arktis und Kanada.

  • Variationen des Wolfes




    Der Wolf existiert in vielerlei Variationen. Wissenschaftler verzeichneten einst 24 Unterarten auf der Westhalbkugel, drei jetzt ausgestorbene eingeschlossen. Jedoch schlagen neue Studien, gegründet auf Genetik und Morphologie, vor, dass nur drei bis sechs Unterarten jemals in Nordamerika existierten. Eurasien war einst das Zuhause von neun Unterarten, wovon zwei in Japan heimische Unterarten inzwischen ausgestorben sind.



    [Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/russia.jpg]Wölfe unterscheiden sich voneinander in Größe, Gestalt und Farbe sehr. Diese genetische Veränderung wird im domestizierten Hund widergespiegelt, der sich aus dem Wolf entwickelte. Die Wandlungsfähigkeit des Wolfs scheint am ausgesprochensten in Eurasien, wo sich Größe, Gestalt und Farbe drastisch von Norden nach Süden ändern. Der russische graue Wolf (siehe Bild links) ist fast zweimal so groß wie die Unterart (Canis lupus arabs - unten rechts) die auf der arabischen Halbinsel lebt. Außerdem wiegt der russische graue Wolf etwa 50 kg, während die kleinen Wüstenwölfe in Saudi-Arabien durchschnittlich 18-20 kg wiegen. Der schwerste Wolf im Verzeichnis der Vereinigten Staaten, geschossen durch einen Jäger 1939 in der Nähe des 70 Mile River im ostzentralen Alaska, wog 79,3 kg.



    [Blockierte Grafik: http://www.canislupus.de/grafik/grusskarten/ArabischeWoelfe/klein/Arab2.jpg]Die Farbe der Wölfe ist höchst abhängig von der Unterart. Die meisten Wölfe neigen dazu, grauhaarig bis grau-braun zu sein. Ungefähr ein Drittel der nördlichen Wölfe sind schwarz, während der arktische, im nördlichen Kanada lebende Wolf weiß bis cremefarben ist. Die kleineren Wüstenwölfe des südlich-zentralen und mittel- östlichen Asiens neigen dazu, mit starken weißen Flecken und goldenem, braunem oder rotbraunem Rücken und Flanken dunkel-farbig zu sein.



    Die Wolfvariationen haben zu wissenschaftlichem Streit über die Klassifizierung einiger Populationen geführt. Zum Beispiel, ist der rote Wolf (Canis Rufus) der einzige lebende Wolf, den die meisten Institutionen zur Zeit als eine Sorte getrennt von Canis lupus klassifizieren. Einige Biologen glauben, dass er eine Unterart des Wolfs ist, einige denken, er sei ein Hybride, das Produkt der Kreuzung zwischen Wölfen und Kojoten, wiederum glauben einige, der äthiopische Wolf (Canis simensis) könne durchaus ein Schakal sein oder eine Art, die von den Vorfahren des Wolfs abstammt.

  • Danke für den ellenlangen Text, den ich mir aufgrund meines Perfektionismusses natürlich vollständig durchlesen muss.:grrrrrr:



    Jetzt im Ernst: Danke für den Beitrag, war sicherlich anstrengend.


    *Keks *ausradiert* Hundeknochen für Siri*


    L.G. Wulfi

  • Wahre Begebenheiten


    Ein Indianer und ein Wolf


    Vor vielen Jahren lebte ich mehrere Monate mit Ken Nukwon, einem alten Indianer, im kanadischen Yukon, nördlich des Polarkreises. Abends saßen wir im Licht der Petroleumlampen und er erzählte Geschichten. Eine davon habe ich aufgeschrieben ...
    Eines Winters kontrollierte ich mit meinen Schneeschuhen die Trapline, wo ich Fallen für Marder und Luchse gestellt hatte. Als ich wieder zur Hütte zurückkam, sah ich an Spuren im Schnee, daß mir ofensichtlich einer meiner Hunde gefolgt war. Ich sah nach, aber alle Hunde waren angekettet an ihrem Platz. Am nächsten Tag waren die Spuren wieder da und das Tier war mir erneut gefolgt, ohne aber in eine der Fallen zu treten. Als ich das nächste Mal wieder die Fallen kontrollierte, versteckte ich mich auf halbem Wege hinter einer umgestürzten Fichte, und tatsächlich kam nach wenigen Minuten ein Wolf den Weg entlang. Er war zerzaust und abgemagert, offensichtlich sehr hungrig. In fünf Metern Entfernung entdeckte er mich, blieb kurz stehen und sah mich etwas verschämt an. Dann trottete er langsam wieder zurück. Ich hätte ihn leicht schießen können, aber ich war neugierig, mehr über diesen Wolf zu erfahren
    Am Abend, als ich die Hunde fütterte, sah ich den Wolf wieder. Er stand zwischen den Bäumen, etwa 20 m entfernt und sah mich erneut an. Schließlich warf ich auch ihm einen gefrorenen Lachs zu, den er aber nicht anrührte, solange ich bei den Hunden war. Erst als ich in der Hütte verschwunden war, konnte ich durch das Fenster beobachten, wie der Wolf den Lachs nahm und damit im Wald verschwand. Den Hunden tat er nichts. In den nächsten Tagen wiederholte sich das Spiel. Ich sah den Wolf oft, aber er hielt immer Abstand. Nach einigen Tagen freundete er sich mit meinen Hunden an und spielte ausgiebig mit ihnen. Der Wolf blieb den ganzen Winter über bei mir. Ich fütterte ihn, und er schlief bei meinen Hunden. Der Wolf blieb bis zum Frühjahr; dann verschwand er genauso plötzlich, wie er gekommen war.
    Drei Jahre später sah ich an einem Winterabend erneut einen Wolf zwischen den Bäumen nicht weit von meiner Hütte stehen. Ich erkannte ihn sofort wieder. Es war ohne Zweifel 'mein' Wolf. Inzwischen war er stark und groß. Er stand eine Weile da und beobachtete uns. Dann verschwand er wieder in den Wäldern. Nach einer Stunde vernahm ich sein lang gezogenes Heulen, ein Abschiedsgruß und ein Dankeschön, daß ich ihm damals über den Winter geholfen hatte.


    [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/gallery/mini-kunst-15.jpg]

  • Gedanken eines Wolfes


    Seit den Zeiten, als nur Sonne und Mond uns Licht gaben, kannte ich Dich. Aus den riesigen und undurchdringlichen Wäldern heraus beobachtete ich Dich. Ich war Zeuge, als Du das Feuer bändigtest und fremdartige, neue Werkzeuge machtest.
    Von den Kämmen der Hügel und Berge aus sah ich Dich jagen und beneidete Dich um Deine Jagderfolge. Ich fraß Deine Beutereste und Du fraßt meine Beutereste. Ich lauschte Deinen Gesängen und sah Deinen Schatten um die hellen Feuer tanzen. In einer Zeit, so weit zurück, daß ich mich kaum mehr erinnern kann, schlossen sich einige von uns Dir an um mit Dir an den Feuern zu sitzen. Sie wurden Mitglieder Deines Rudels, jagten mit Dir, beschützten Deine Welpen, halfen Dir, fürchteten Dich, liebten Dich.
    Und für sehr lange Zeiten lebten wir so zusammen, denn unsere Wesen waren sich sehr ähnlich. Deswegen hast Du die Zahmen von uns adoptiert. Ich weiß, einige von Euch respektieren auch mich, den Wilden. Ich bin ein guter Jäger. Auch ich respektierte Dich. Auch Du warst ein guter Jäger. Ich sah Dich oft gemeinsam mit den Zahmen Beute erlegen.
    In jenen Zeiten gab es alles im Überfluß. Es gab nur wenige von Euch. Die Wälder waren groß. Wir heulten zusammen mit den Zahmen in der Nacht. Einige von ihnen kehrten zu uns zurück, um mit uns zu jagen. Einige von ihnen fraßen wir, denn sie waren uns zu fremd geworden. So lebten wir zusammen für lange, lange Zeiten. Es war ein gutes Leben.
    Manchmal stahl ich von Deiner Beute, und Du stahlst von meiner Beute. Erinnerst Du Dich, wie Dein Rudel hungerte als der Schnee hoch lag? Du fraßt die Beute, die wir erlegt hatten. Das war unser Spiel. Das war unsere gegenseitige Schuld. Manche nannten es ein Versprechen.
    Wie viele der Zahmen aber wurdest auch Du uns immer fremder. Wir waren uns einst so ähnlich, aber jetzt erkenne ich einige der Zahmen nicht mehr und ich erkenne auch einige von Euch nicht mehr. Du machtest auch die Beute zahm. Als ich begann, Deine zahme Beute zu jagen (es waren dumme Kreaturen, auf die die Jagd keine Herausforderung war, aber die wilde Beute war verschwunden), jagtest Du mich und ich verstand nicht, warum.
    Als Deine Rudel immer größer wurden und begannen, gegeneinander zu kämpfen, sah ich Eure großen Kriege. Ich fraß jene, die Du erschlagen hattest. Dann jagtest Du mich noch mehr, denn für mich waren sie Nahrung, aber Du hattest sie getötet.
    Wir Wilden sind nur noch wenige. Du zerstörtest unsere Wälder und brachtest viele von uns um. Aber ich jage immer noch und füttere meine versteckten Welpen, wie ich es immer getan habe. Ich frage mich, ob die Zahmen eine weise Wahl trafen, als sie sich Euch anschlossen. Sie haben den Geist der Wildnis vergessen. Es gibt viele, viele von ihnen, aber sie sind mir so fremd.
    Wir sind nur noch wenige und ich beobachte Dich immer noch, um Dir auszuweichen.


    Ich denke, ich kenne Dich nicht mehr länger.



    [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/wolf_howl.gif]


    wolves are in the arms of Angels

  • Die Struktur eines Wolfsrudels


    Warum ist der Hund stets bemüht, sich in die Familie seines Herrn zu integrieren, und warum kann er nicht alleine sein? Die Antwort ist so kurz wie einfach: Weil der Wolf, sein Urvater, nicht alleine sein kann und ausschließlich für sein Rudel lebt. Es gibt Ausnahmen, den allseits bekannten Lonewolf. Dazu später mehr.
    Ein Wolfsrudel ist streng hierarchisch organisiert, an deren Spitze das α-Männchen und das α-Weibchen stehen (α sprich alpha). [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/rudel.gif] Gefolgt werden sie in der hierarchischen Struktur unmittelbar von den beiden Betas (dem β-Rüden und dem β-Weibchen). Die Omegas nehmen den untersten Rang ein und haben sich allen anderen unterzuordnen. Wie die Rudelstruktur in den mittleren Rängen, unterhalb der Betas und oberhalb der Omegas beschaffen ist, darü gibt es kontroverse Meinungen. Allgemein nimmt man an, daß die hierarchische Struktur linear verläuft, d.h. man stellt sich die Hierarchie des Rudels wie eine Leiter vor, auf deren Sprossen sich jeweils ein Weibchen und ein Rüde befinden. Häufig wird jedoch die These vertreten, daß die Grenzen der Ränge zwischen den Betas und den Omegas zuhmends unschärfer, also indifferenter werden.



    Gewöhnlich sind die rangniederen Tiere direkte Nachkommen der Alphas.
    Oben ist die typische Zusammensetzung eines Wolfsrudels dargestellt

    In der Tat scheinen die Voraussetzungen, die ein Wolf erfüllen muß, um die Führungsposition einnehmen zu können, komplexer zu sein als allgemein angenommen wurde und meistens noch wird. Es wurden schon einige Wolfsrudel beobachtet, deren Führung nicht das stärkste Exemplar übernommen hatte. In ihnen nahm der stärkste Rüde die Position des Betas ein und übernahm seinen physischen Fähigkeiten entsprechend die Aufgabe eines "Ordnungshüters". Zweifellos war er von den anderen Wölfen gefürchtet, jedoch nicht besonders beliebt. Und so war er verdammt der ewige Zweite zu sein.

    Auch hat man beobachten können, daß die Führung des Rudels von einem α-Weibchen übernommen wurde. Dies geschieht häufig, wenn die α-Fähe trächtig ist. Dann sucht sie den geeigneten Ort (die geeignete Höhle) aus, wo sie ihre Welpen werfen wird. Somit bestimmt sie, wo sich das Rudel die nächste Zeit über aufhalten wird. Denn die Pflege und Aufzucht der Welpen ist eine Pflicht aller Rudelmitglieder.
    Meistens sind es die Onkel und Tanten, die sich näher mit den Welpen beschäftigen, sie füttern und mit ihnen spielen.
    Bereits in sehr jungem Alter beginnen sich hierarchische Strukturen bei den Welpen auf spielerischem Wege herauszukristallisieren. Diese Rangkämpfe können im Alter von 8 Wochen jedoch recht blutig ausfallen. Auch später wird die Stellung im Ranggefüge durch entsprechende Gesten und kleinere 'Rügen' gefestigt. Jedoch sollte man sich das Ranggefüge eines Wolfsrudels keinesfalls als ein statisches Gebilde vorstellen, denn jeder Wolf ist bestrebt, in der Karriereleiter aufzusteigen und beobachtet stets die einzelnen sozialen Bindungen der Rudelangehörigen. Zeigen sich Schwächen bei den Alphas kann das gesamte Ranggefüge des Rudels auseinanderbrechen und sich neu bilden. Dann durchläuft das Rudel eine kurze Phase intensiver Rangkämpfe.

    Ebenso dynamisch wie das Ranggefüge ist auch die Größe des Rudels, die über die Jahre stark fluktuieren kann. Dabei ändern Abwanderung von Jungtieren, altersbedingte Ausfälle von Alttieren und eventuelle Neuzugänge das Gesicht des Rudels und sorgen für einen stetigen Wandel der sozialen Bindungen und des Ranggefüges.
    Meist wandern Jungwölfe ab, die innerhalb des Familienverbandes nur sehr geringe Chancen haben, sich fortzupflanzen. Sie verlassen das Rudel gewöhnlich in den ersten ein bis drei Jahren. Durchschnittlich wandern diese Jungtiere auf ihrer Suche nach einem geeigneten Territorium und einem Geschlechtspartner gut 100 km. Sehr häufig sind die Abwanderungsentfernungen bedeutend größer. In Nordamerika wurde mit Hilfe eines Senders die Abwanderung eines Wolfes verfolgt, der dabei eine Strecke von über 917 km Luftlinie zurückgelegt hat. So werden Gebiete erschlossen, die bislang nicht von Wölfen besiedelt sind oder Territorien neu besiedelt, die aus unterschiedlichen Gründen frei geworden sind − so z.B. Wölfe, die sich an der deutsch-tschechischen Grenze ansiedelten.

    Wolfsrudel besetzen Territorien, also Gebiete, die gegen Eindringlinge, die der selben Art angehören, verteidigt werden. Die Größe eines solchen Territoriums hängt dabei von der Dichte des Beutebestandes und der Größe des Rudels ab und schwankt von weniger als 100 km2 in Gebieten mit starken Beutevorkommen und mehreren 1000 km2 im Norden. Dabei kann es durchaus zu Überlappungen der Grenzen zweier Territorien kommen.
    Direkte Zusammenstöße zwischen territorialen Wölfen und Eindringlingen sind selten, jedoch geprägt von starken Aggressionen. So enden sie häufig mit schweren Verletzungen und sogar mit dem Tod der Kontrahenten.

    Damit ein so komplexes Gefüge, wie es in einer Wolfspopulation besteht, möglichst reibungsfrei funktionieren kann, bedarf es an Möglichkeiten der Kommunikation. Wölfe müssen in der Lage sein, die Anwesenheit eines Rudels über weite Strecken hinweg und auf Dauer anzeigen zu können. Über das Heulen kann dies über weite Entfernungen hin kurzfristig geschehen. Sogar in bewaldeten Gebieten ist das Geheul eines Rudels über 6km weit zu vernehmen.
    Duftmarken dagegen sind lokal sehr stark eingeschränkt, bleiben jedoch über einen Zeitraum von mehreren Wochen über als Signal beständig. Sie bestehen aus Kot, Sekreten oder Urinspritzern an Bäumen, Sträuchern und auch Gräsern. Anders als weitläufig vermutet, werden Duftmarken nicht nur an den Grenzen des Territoriums gesetzt sondern mehr oder weniger wahllos im ganzen Gebiet verteilt. Lediglich Straßen und Wege werden dabei bevorzugt.
    Die wichtigste Informationsquelle ist dabei der Urin, aus dem ein passierender Eindringling einiges über die Identität des Markierenden erfahren kann, wie Alter, Rang und Fortpflanzungsstatus. Dabei runden Kot und Absonderungen aus Drüsen der Pfotenballen das Geruchsprofil ab.

  • Wolfswelpen


    [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/mini-pups.jpg] Welpen werden absolut blind und taub geboren und sind von ihrer Mutter und den Rudelangehörigen völlig abhängig. Das gesamte Rudel zieht die Welpen auf. (Nicht-trächtige Weibchen produzieren Milch und die Rüden drängeln sich um den Posten des Babysitters.)
    Gewöhnlich gebiert die trächtige Wölfin vier bis sechs Welpen. Sie werden als Wurf bezeichnet. Die Wölfin bringt ihre Jungen innerhalb einer kleinen Höhle zur Welt, in der sie und ihre Welpen zum Schutz vor dem Wetter und anderen Tieren, die den Welpen gefährlich werden könnten, Platz finden. Meist ist die Wolfshöhle nicht natürlichen Ursprungs und wurde in das Erdreich gegraben. Gewöhnlich wird jedes Jahr eine neue Wolfshöhle zum Schutze der Welpen geschaffen, doch manchmal kehrt das Rudel zur alten Höhle zurück.
    Die Tragzeit der Wölfin beträgt ca. 63 Tage. Wenn die Welpen geboren werden, wiegen sie etwa 500 Gramm, und ihre Augen sind geschlossen, die sie erst nach 15 Tagen öffnen. Wolfswelpen wachsen sehr schnell. Zwei Wochen nach ihrer Geburt können Wolfswelpen bereits laufen und nach drei Wochen kommen sie das erste mal aus der Höhle. In ihrem ersten Lebensabschnitt ernähren sich Welpen nur von Milch, bis sie nach und nach entwöhnt werden und beginnen, sich von Fleisch zu ernähren. Das Fleisch wird im Magen der Alttiere zu den Welpen transportiert. Die Welpen umlecken die Schnauzen der Erwachsenen, um sich Nahrung zu erbetteln. Diese würgen dann das Fleisch wieder hoch, welches die Welpen dann aufnehmen. Wir mögen dieses Verhalten ekelerregend finden, doch Welpen lieben es.
    Welpen dieser Alterstufe können von Adlern und Bären erbeutet werden. Es existieren Aufzeichnungen, in denen beschrieben wird, wie Wölfe Bären von ihrer Höhle fortlocken.
    Die meisten Wolfswelpen werden mit blauen Augen geboren, deren Farbe sich gewöhnlich nach 8 bis 16 Wochen in gelb-gold wandelt. Manchmal geschieht dies auch sehr viel später. Gelegentlich werden ausgewachsene Tiere mit blauen Augen gesichtet.
    Alle Wölfe des Rudels sind bei der Fürsorge um den Nachwuchs behilflich. Wenn die Welpen noch sehr klein sind, bringen andere Rudelmitglieder der Mutter Nahrung, damit sie sich nicht von der Höhle entfernen muß. Sind sie schon ein bißchen älter, bringen Rudelmitglieder ihnen Futter, spielen mit ihnen und passen auf sie auf. Im Alter von 8 Wochen verlassen die Welpen ihre Höhle und beginnen sog. Rendezvous-Plätze zu benutzen, wo sich Wölfe zum Schlafen, Spielen oder einfach zum Abhängen versammeln. Bis die Welpen alt genug geworden sind, die Erwachsenen auf ihren Jagdzügen zu begleiten, verbleiben sie am Rendezvous-Platz, wo meistens einer der Alttiere über sie wacht.
    [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/mini-kaskapups.jpg] Wolfswelpen lieben es zu spielen. Sie jagen sich gegenseitig umher und rollen sich über den Boden, wie es die Welpen der Haushunde tun. Viele ihrer Spiele erscheinen als Sammlung von Übungen für Tätigkeiten, die sie als erwachsene Wölfe ausüben. Welpen sind beim Spielen mit `Spielzeugen' wie Knochen, Federn oder Häuten von toten Tieren beobachtet worden. Sie töten ihre Spielzeuge immer und immer wieder erneut und tragen sie als Trophäen herum. Wenn sie größer werden, beginnen sie kleine Tiere wie Kaninchen zu jagen. Dies alles ist ein geeignetes Training für den Tag, an dem sie das Rudel das erste mal bei einer realen Jagd eines großen Tieres begleiten.

  • Verhalten des Wolfes


    Das Heulen


    Kaum ein anderes tierisches Verhalten hat den Menschen in dem Maße in den Bann gezogen, wie es das Wolfsheulen getan hat und immer noch tut. Den einen erfüllt es mit Schaudern, während der andere fasziniert dem "Gesang" der Wölfe lauscht. Kaum ein anderer Laut ist in Grusel- und Horrorfilmen so oft verwendet worden wie das Heulen des Wolfes. Doch ungeachtet der emotionalen Wirkung des Heulens auf uns Menschen, hat sich die Verhaltensforschung dieser Lautäußerung angenommen und viel über seine Funktion herausgefunden.
    [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/gallery/mini-wolf-15.jpg] Bei der Fernkommunikation mit anderen Rudeln spielt das Heulen eine sehr wichtige Rolle. Hier wird es zum Ausdruck der Inanspruchnahme des Territoriums eingesetzt. Gerade wenn Beute geschlagen wurde, wird sofort auf das Heulen eines entfernten Rudels geantwortet. Damit wird die Bereitschaft kund getan, diese Ressource gegebenenfalls zu verteidigen. Sind anderenfalls die Eindringlinge jedoch schon nah, unterbleibt die Beantwortung des Heulens. Statt dessen werden Kundschafter entsandt, die sich ihnen lautlos nähern und die Situation begutachten.
    Dieses Verhalten zeigen Wölfe auch um ihre Höhle, da auch dieser Ort einen Platz hoher Schutzbedürftigkeit darstellt, da sich in der Höhle die hilflosen Welpen des Rudels befinden.
    Innerhalb des Rudels erfüllt das Heulen eine andere Funktion. So dient spontanes gemeinschaftliches Heulen der Förderung des Zusammenhalts des Rudels und wirkt der Eskalation von Auseinandersetzungen entgegen. Es ist logisch, daß das gemeinschaftliche, spontane Heulen meist von den rangniederen Tieren eingeläutet wird.
    Aber auch zum Synchronisieren von Verhaltensweisen wird das heulen eingesetzt. So stimmt der Alpha-Rüde mit Geheul das Rudel zur Jagd ein.
    Jeder Wolf verfügt über ein individuelles Klangspektrum, an dem er eindeutig von den anderen Rudelmitgliedern zu identifizieren ist. Somit dient es auch zur Zusammenführung einzelner verstreuter Rudelmitglieder. Dabei ist zu beobachten, daß die ranghöheren Wölfe in einem niedrigeren Klangspektrum heulen als die Rangniederen.
    Es soll sogar schon beobachtet worden sein, daß rangniedere Wölfe durch Imitation des Geheuls eines Ranghöheren ihre Stellung zu verbessern versuchten. Diese "Betrüger" sollen dann verstoßen worden sein. Jedoch ist diese Information noch strittig, da ich noch keine anerkannten Quellen finden konnte.
    Die Wissenschaft mag das Heulen des Wolfes wohl erklären können, dennoch bleibt die Faszination auf den Menschen bestehen.
    Die Körpergestik


    Die Kommunikationsfähigkeit hat bei Spezies, die in sozialen Verbänden leben eine zentrale Rolle − so auch beim Wolf. Hierfür bedient er [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/verhalten.gif] sich neben des Heulens auch der Körpergestik, mit der er den anderen Stimmungslagen mitteilen kann. Dabei nimmt er unterschiedliche Körperhaltungen ein und setzt unterschiedliche Gesichtsmimiken ein.
    Die Alphas erkennt man im normalen Rudelalltag daran, daß sie mit erhobenem Kopf und leicht angehobenem Schweif umhergehen. Dabei strahlen sie eine Selbstsicherheit aus, die keinen Zweifel an ihrer Vormachtstellung läßt. Ein rangniederer Wolf wird stets eine Unterwürfigkeitsgeste einnehmen, wenn sich ihnen ein ranghöheres Exemplar nähert. D.h. er legt seine Ohren an, macht seinen Rücken etwas krumm und hält seinen Schweif niedrig. Zeigt der Dominantere aggressive Tendenzen, wird er versuchen, die Mundwinkel des Ranghöheren zu belecken, um ihn zu beschwichtigen. Damit ahmt er das Verhalten eines Welpen nach, der um Futter bettelt, um so seiner Unterwürfigkeitsgeste Nachdruck zu verleihen.
    Bei einem noch stärkeren Ausdruck der Unterwürfigkeit legt sich der sich unterwerfende Wolf auf die Seite, klemmt seinen Schweif zwischen seine Hinterläufe unter den Bauch und entblößt seinen Hals. Damit ergibt er sich voll und ganz dem dominanten Wolf.
    Bei einem Streit rangunterschiedlicher Wölfe z.B. um Beute oder einen bevorzugten Schlafplatz reagiert der Dominante mit Drohgebärden. Dann steht er mit steifen Beinen vor dem Kontrahenten, richtet seine Ohren auf, hebt seinen Schwanz, bis er steil aufrecht steht und fixiert ihn mit einem starren Blick. Läßt der Kontrahent sich davon nicht beeindrucken, sträubt sich zudem das Nacken- und Rückenfell. Dabei hebt er seine Lefzen, entblößt seine Eckzähne und gibt ein tiefes Knurren von sich.
    Oben rechts sind einige Gestiken illustriert.
    Das Jagdverhalten


    Der Wolf steht an der Spitze der Nahrungskette und ist wie alle Raubtiere für [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/runwolf.gif] sein Überleben auf das Erbeuten von anderen Tieren angewiesen. Als Rudeltier ist es ihm möglich, Beute zu reißen, die um ein Vielfaches größer ist als er. So gehören Rot- und Schwarzwild wie Damwild bis hin zu Elchwild zu seinen Beutetieren. Jedoch ist der Wolf in der Wahl seiner Beute nicht sehr wählerisch. Neben genannten Tieren gehören auch Nagetiere und sogar auch Obst zu den Nahrungsquellen. Auch sind sie sich nicht zu fein, an Aas zu gehen oder Mülldeponien nach etwas Freßbarem zu durchstöbern. Allerdings kommt der Wolf wegen seiner Vorliebe zu Schafen und anderen Haustieren häufig in Konflikt mit den Interessen des Menschen, was letztlich fast zu seiner Ausrottung geführt hat. Jedoch gerade in der Zeit, wo er seine Welpen aufzieht, wo der Nahrungsbedarf recht hoch ist, sind die leicht zu erbeutenden Tiere eine bevorzugte Beute.
    Oft wandern Wölfe auf der Suche nach einem Beutetier tagelang umher, welches sie mit ihrer Nase aufspüren. Der Wolf verfolgt eine andere Jagdstratiegie als Raubkatzen, die sich zumeist an ihre Beute heranschleichen und in einem kurzen, kraftvollen Sprint einholen und erlegen. Der Wolf ist ein typischer Hatzjäger; sein ganzer Körper ist auf kilometerlange Verfolgungen ausgerichtet. Das bedeutet jedoch nicht, daß Wölfe kopflos hinter irgendwelchen Tieren herjagen. Sie verfolgen dabei ausgeklügelte Jagdstrategien, bei denen die topographischen Besonderheiten der jeweiligen Landschaft mit einbezogen werden.
    Vor einer Jagd verteilen sich die Rudelmitglieder geschickt in der Umgebung, um der Beute mögliche Fluchtwege abzuschneiden. In den Bergen Rumäniens konnte beobachtet werden, wie ein Wolfsrudel, welches einen Hirsch bejagte, das Beutetier geschickt über mehrere Kilometer hinweg in steile Täler lenkte, aus dem es für das erschöpfte Tier kein Entrinnen mehr gab.
    In den meisten Fällen entkommen aber die Beutetiere ihren Häschern, bevor sie nahe genug an sie herangekommen sind.
    Bei einem Übergriff auf eine Schafsherde konnte beobachtet werden, wie sich zunächst zwei Wölfe offen präsentierten, die sogleich von den Hirtenhunden attackiert wurden. Erst als die Hunde so von der Herde weggeführt wurden, tauchten die anderen Rudelmitglieder auf, die sich dann der Herde annahmen.
    Hat das Rudel ein großes Huftier erbeutet, steht ihm für eine kurze Zeit [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/gallery/mini-wolf-36.jpg] Nahrung in Überfluß zur Verfügung. Ein Wolf benötigt durchschnittlich pro Tag ca. 2kg Fleisch. Jedoch ist er in der Lage mehr als 11kg an einem Tag aufzunehmen. Dies gelingt ihm, weil der Verdauungsapparat eines Wolfes für die rasche Aufnahme auch von größeren Mengen angepaßt ist. Dies befähigt ihn, auch längere Perioden ohne Nahrung durchzustehen.
    Auch wenn Wölfe hervorragende Jäger sind, ist nicht jede Jagd erfolgreich. Biologen in Nordamerika konnten ermitteln, daß etwa nur 5% der Jagden auf Elche von Erfolg gekrönt waren. Denn im Laufe der Evolution haben auch die Beutetiere Fluchtstrategien und auch Waffen entwickelt, die es ihren Häschern sehr schwierig macht. So sind die spitzen Vorderhufe von Hirschen gefährliche Waffen, die einen Wolf lebensgefährlich verletzen können. Daher profitieren Wölfe als Hetzjäger vor allem von kranken und schwachen Tieren.

  • Mythen, Legenden und Märchen


    Kaum ein anderes Tier wurde in die Mythenwelt der Urvölker der Nordhalbkugel so tief integriert, kaum ein anderes hat in ihrer Kulturgeschichte so eine große Rolle gespielt wie der Wolf (Canis lupus). Wo immer er mit dem Menschen in Kontakt kam, hat er Märchen und Legenden beeinflußt, in denen ihm stets eine mystische Rolle zukam. In der germanischen Mythologie begleiteten stets zwei Wölfe, Geri und Freki, den Toten- und Kriegsgott Wotan. Jedoch [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/lupa.jpg] verhieß ihm die Mythologie, daß er beim Weltuntergang vom Fenriswolf verschlungen würde.
    Romulus und Remus, die Gründer Roms, wurden der römischen Sage nach von einer Wölfin gesäugt und beschützt, bis sie vom Schäfer Faustulus gefunden und großgezogen wurden.
    Die Indianer Nordamerikas sahen in dem Wolf einen Bruder und fühlten sich gar Wolfsclans zugehörig. Und auch die Daker, ein Urvolk des heutigen Europas, welches in der Gegend des heutigen Rumäniens lebte, verehrten den Wolf und trugen sein Symbol auf ihrer Kriegsflagge.
    Das Bild änderte sich jedoch, als der Mensch seßhaft wurde und begann, lebende Tiere quasi als "lebende Vorratskammer" zu halten. Plötzlich trat der Wolf in direkte Konkurrenz zu dem Menschen, was dazu führte, daß sein Bild gerade ins [Blockierte Grafik: http://www.canilobo.de/pics/wolf/transform.jpg] Gegenteil verklärt wurde. Waren dem Wolf ursprünglich positive Eigenschaften zugeschrieben, wurde er zum Inbegriff des Bösen. In Fabeln und Märchen tauchte er von nun an als der dumme, gefräßige und bösartige Isegrim auf. Die Märchen von Rotkäppchen und den sieben Geißlein wird wohl jeder aus seiner Kindheit kennen, in denen er die sieben Geißlein oder des Rotkäppchens Großmutter fraß.
    Selbst die Kirche verteufelte den Wolf. Und die Dämonisierung dieses Raubtiers paßte gut in das damalige Weltbild, in dem sehr bald zu Hexenglauben und Inquisition das Bild des Werwolfes hinzukam. Der Mensch im Wolfspelz war geboren, der für bestialische Morde verantwortlich gemacht wurde und für die tiefsten Abgründe des menschlichen Seins stand. Sex und Vergewaltigung, Mord und Totschlag, Blutrausch und Unglaube waren die Insignien des Werwolfes und viele Legenden rankten sich um Menschen mit vermeintlicher Lycanthropie. Im Zeitalter der Aufklärung verschwand die mystische Dämonisierung des Wolfes weitgehendst wieder. Jedoch hält sich der Begriff des Werwolfs, angeheizt durch Horrorfilme im Fernsehen und Romane, in unserer Gesellschaft. Insbesondere in isolierten und ländlichen Gebieten Süd- und Osteuropas wird immer noch an Werwölfe geglaubt.
    Auch in jüngerer Vergangenheit wurde sich der Symbolik des Wolfes für Kraft und Macht bedient. So nannte Adolf Hitler sein Hauptquartier in Ostpreußen "Wolfsschanze". In der Türkei nennt sich eine rechtsextreme Partei "Graue Wölfe", und wer heute das Internet nach Wölfen durchsucht, findet immer wieder Seiten mit schamanischem Inhalt, die sich an die Mystik des Wolfes anlehnen.

  • An drei Dienstagen hintereinander, zeigt ORF 2 jeweils um 20 Uhr 15 (beginnend mit 14.12.), in seiner Dokusendung "UNIVERSUM", unsere Arbeit im Wolfsforschungszentrum.


    Hier nun einige Bilder von Anfang Dezember 2010:


    APACHE:


    [Blockierte Grafik: http://img63.imageshack.us/img63/5135/apache122010.th.jpg]


    APACHE und WAPI:


    [Blockierte Grafik: http://img714.imageshack.us/img714/5782/apacheundwapi122010.th.jpg]


    Unsere "Schwarzen":


    [Blockierte Grafik: http://img190.imageshack.us/img190/420/dieschwarzen122010.th.jpg]


    NANUK (mein Patenwolf) - GERONIMO - TATONGA (von oben nach unten):


    [Blockierte Grafik: http://img34.imageshack.us/img34/1091/nanukgeronimotatongavon.th.jpg]


    TATONGA - GERONIMO (Patenwolf meines Sohnes) - YUKON:


    [Blockierte Grafik: http://img403.imageshack.us/img403/4223/tatongageronimoundyukon.th.jpg]


    WAPI und KENAI:


    [Blockierte Grafik: http://img262.imageshack.us/img262/719/wapiundkenai122010.th.jpg]

  • Habe mir gerade deine Beiträge gelesen und muss echt ein großes Dankeschön aussprechen! Habe zwar recht lange gebraucht(habe ja sonst auch nix zu tun :P), hat sich aber definitiv gelohnt! Ist echt toll geworden! Also nochmals danke, dass du dir diese Arbeit gemacht hast:rofl:

  • Also nochmals danke, dass du dir diese Arbeit gemacht hast:rofl:


    Freut mich sehr, dass dir mein Thread gefällt und - Bitte, hab ich doch gern gemacht.


    Hier nun einige Schnappschüsse aus Rumänien. Wir waren vom 25. bis 30.12. dort, bei minus 4 bis minus 9 Grad und leichtem Schneefall. Den Wölfen hat dieses Wetter natürlich gefallen - uns weniger.
    Es sind dies in freier Wildbahn lebende Wölfe, wie sie eben in Rumäniens Wäldern vorkommen. Einige Rudel stehen auch das gesamte Jahr über, aus Forschungszwecken, in ständiger Beobachtung. Die Leitwölfe dieser Rudel, sind mit sogenannten Peilsendern ausgestattet. Dennoch war es nicht leicht (trotz Peilsender und Pfotenabdrücke im Schnee), diese zu Gesicht zu bekommen. Dank eines ausgelegten Köders (totes Reh), gelang dies am 2. Tage jedoch mit Erfolg. Wir versuchten natürlich den Wölfen so nah wie nur möglich zu kommen, doch bei ca 50 Metern Entfernung war Schluß mit lustig.


    Die Fotos stammen von einem Reporter und Profifotografen. Aufgenommen mit Zoomobjektiv:


    Ein Späher: "wer sind die und was wollen die hier?"
    [Blockierte Grafik: http://img443.imageshack.us/img443/3159/rumnieng.th.jpg]


    "du frisst von dem Reh erst nach mir-kapiert?"
    [Blockierte Grafik: http://img844.imageshack.us/img844/7915/rumnienf.th.jpg]


    Spaziergang im Schnee:
    [Blockierte Grafik: http://img255.imageshack.us/img255/3291/rumnienex.th.jpg]


    "was hast du da in der Hand?"
    [Blockierte Grafik: http://img683.imageshack.us/img683/3994/rumniend.th.jpg]


    "das Reh war lecker-Danke"
    [Blockierte Grafik: http://img443.imageshack.us/img443/7584/rumnienc.th.jpg]


    "das reicht,keinen Schritt weiter"
    [Blockierte Grafik: http://img151.imageshack.us/img151/1069/rumnienb.th.jpg]


    "okay,ihr haut wieder ab und dafür gibt´s ein Gruppenfoto"
    [Blockierte Grafik: http://img207.imageshack.us/img207/931/rumniena.th.jpg]


    Übrigens wandern Wölfe des Nachts und bis zum Morgengrauen in Rumänien manchmal 50 km weit, von ihrem Versteck in eine Stadt, oder Dorf. Dort stöbern sie in Mülltonnen herum, um etwas freßbares zu finden. Von den dort lebenden Menschen werden die Wölfe voll akzeptiert.


    L.G. Yvonne